Allgemeines

Einige der Donauschwaben in der Batschka - in Tscherwenka waren dies 500 von 11.000 - flohen nicht, sondern blieben dort. Sie vertrauten darauf, dass ihnen nichts getan werden würde, da sie gute Kontakte zu den Serben hatten. Manche glaubten auch, auf Angehörige, die im Krieg waren, warten zu müssen oder fühlten sich zu alt für die Flucht. Die Batschka wurde zwischen dem 12. und 23. Oktober 1944 von russischen Soldaten und Partisanen besetzt.


weitere gesetzliche Maßnahmen gegen die Donauschwaben

Am 21. November 1944 beschloss der AVNOJ, der Antifaschistischer Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens, in Belgrad, den Deutschen die staatsbürgerlichen Rechte abzuerkennen, sie zu Staatsfeinden zu erklären und ihr Eigentum zu enteignen. Dies bildete die Grundlage für vieles, was den Donauschwaben dann angetan werden sollte. Eine Ausnahme wurde bei Donauschwaben gemacht, die mit Nichtdeutschen verheiratet waren oder mit den Partisanen zusammengearbeitet haben. Die Partisanen hielten also ihr Versprechen, Frau Rosers Tante 2. Grades und deren Familie nicht zu töten.   

Am 23. August 1945 wurde die große Agrarreform beschlossen, die die Diskriminierung der Deutschen nochmals betonte. Die von ihnen beschlagnahmten Grundstücke sollten so vor allem an Partisanen, Soldaten und Arme, die meistens Bauern aus Montenegro waren, übertragen werden. In Tscherwenka erreichten die ersten dieser Neubesitzer Ende November 1945  die Batschka. Ihnen wurde, je nach Familiengröße, sieben bis zwölf Hektar Land, ein Haus mit Garten und ein Weinberg geschenkt. 516 Haushalte erhielten zusätzlich Möbel, Bettwäsche und Geschirr. Im Frühjahr 1947 war die Wiederbesiedlung abgeschlossen. Die neuen Bewohner profitierten also von der Flucht und der Vertreibung der Deutschen.

Die Kommunistische Partei rief am 29. November 1945 die “Föderative Volksrepublik Jugoslawien” aus.


Auslöschung der Deutschen in Jugoslawien

1. Phase / Erschießungen

Zwischen dem 12. und 23. Oktober 1944 besetzten russische Soldaten die Batschka und erschossen willkürlich deutsche Zivilisten. Sie und die Partisanen vergewaltigten deutsche Frauen. 570 deutsche Männer und Jungen wurden am 9. November 1944 in Neu-Werbass von den Partisanen aus ihren Wohnungen geholt und anschließend ins Gemeindehaus gesperrt. Dann wurden auf dem Zentralfriedhof fünf Massengräber ausgehoben. Am 14. November waren drei von diesen zugeschüttet. Vom Bürgermeister Henkel erhielten sie auf Nachfrage die Antwort: “Was glaubt ihr, was in den Löchern am Friedhof ist, vielleicht Frösche?” In dieser Zeit mussten die dagebliebenen Deutschen sich zum Arbeiten melden. Tat sie dies nicht, wurden sie erschossen. Wegen der vielen Erschießungen wird der Herbst 1944 auch der "blutige Herbst” genannt.

2. Phase / Lager

Es existierten wahrscheinlich drei verschiedene Sorten von Lagern, die ein paar Wochen nach den willkürlichen Erschießungen errichtet wurden und die alle Donauschwaben verbracht wurden, sodass es ab August 1945 keine freien Deutschen mehr in Jugoslawien gab. In all diesen Lagern verhungerten viele, weil es zu wenig Essen gab. Manche probierten auch zu flüchten, daraufhin wurden sie zumeist erschossen. Insgesamt starb jeder dritte Deutsche, der nicht geflüchtet war, zwischen 1944 und 1948, dem Jahr, in dem die Lager aufgelöst wurden.

Allgemeines über die Lager

In Lagern umgekommene Zivilpersonen

¹; Zahlen hochgerechnet
Arbeitslager

Die arbeitsfähigen Deutschen mussten in den Arbeitslagern landwirtschaftliche oder industrielle Arbeiten verrichten, wie zum Beispiel Felder bewirtschaften oder in Gruben arbeiten. Diese Zwangsarbeiter wurden, getrennt nach Geschlecht, in geräumten, ehemaligen deutschen Häusern untergebracht. Der “Ökonom”, ein slawischer Aufseher, teilte die Donauschwaben jeden Tag in Gruppen ein und sagte ihnen, was sie zu tun hätten. Laut Herrn K. wurden die Soldaten, die die Lagerinsassen bewachten, manchmal von den Deutschen bestochen, sie freizulassen. Die Cousine von Herrn K. beispielsweise bestach einen Soldaten, um mit ihrem Kind über Ungarn nach Deutschland fliehen zu können.

Herr K. berichtete außerdem, dass es denen, die eine landwirtschaftliche Arbeit ausführten, meist besser ging als denen, die beispielsweise in einer Fabrik arbeiteten.

Zentrale Zivillager

Andere Donauschwaben wurden in zentralen Zivillagern untergebracht. Meist gab es in jedem Landkreis ein solches Lager, was vor allem in Baracken oder ehemaligen Fabrikhallen errichtet wurde. Unter anderem Arbeitslager, Lazarette und Flugplätze der Roten Armee konnten von diesen Lagern Arbeitskräfte anfordern. Einheimische konnten ab Frühjahr 1947 für 40 Dinar pro Tag Deutsche als Arbeitskräfte kaufen, für einen ganzen Monat mussten sie 1500 Dinar bezahlen, außerdem mussten sie für das Essen und die Unterkunft der Deutschen während dieser Zeit aufkommen.

Lager mit Sonderstatus

Die Lager mit Sonderstatus wurden für Alte, Kranke, Kinder und bei Kleinkindern auch ihre Mütter angelegt. Sie waren wahrscheinlich als Vernichtungslager konzipiert. In der Batschka existierten solche Lager in Jarek, Gakowa und Kruschiwl. Herr K. war im Lager in Jarek. Er berichtete, dass sie nur ein halbes Stück Maisbrot und mittags Suppe mit ein wenig Mais oder Erbsen bekamen. Anfangs aßen sie Wurzeln aus den Gärten und stellten Fallen für Spatzen auf. Er berichtete, dass man nicht selten morgens aufwachte und ein Toter neben einem lag.

Militärgerichte

Die Partisanen führten nach ihrer Eroberung aufgrund des Standrechts Militärgerichte und Militärgefängnisse ein. Sie verurteilten dort auch wichtige Donauschwaben wie zum Beispiel den evangelischen Bischof Philipp Popp. Er wurde zuerst gefangen genommen, doch daraufhin wurden tausende Unterschriften für seine Freilassung gesammelt. Er lehnte eine Begnadigung jedoch ab und wurde so am 28. Juni 1945 zum Tod verurteilt. Sein Vergehen war offiziell die Kollaboration mit dem Ustascha-Regime, das kurz vor seiner Festnahme zerfallen war. Die Verwaltungsvollmacht der Militärgerichte der Partisanen endete am 15. April 1945.


Gründe für die Diskriminierung der Donauschwaben / ihre Auslöschung

Es gibt mehrere Theorien, warum die Partisanen die Deutschen eliminieren wollten:

  • großserbischer Nationalismus: Diese Theorie besagt, die Deutschen wären wegen des serbischen Nationalismus getötet worden. Das hat mit der Geschichte des serbischen Volkes zu tun. In der Vergangenheit hatten die Serben immer das Bedürfnis gehabt, sich territorial zu vergrößern. Diese Theorie lässt sich anhand einiger Äußerungen serbischer Politiker und Maßnahmen des Königreichs SHS / Königreichs Jugoslawien belegen. Mehr dazu: hier. So wurde auf einem Kongress der Tschentniken in Montenegro wurde Ende 1942 unter Punkt 4 beschlossen: “Auf dem Gebiet des künftigen Staates dürfen nur Serben, Kroaten und Slowenen leben. Nationale Minderheiten darf es keine geben.”

    Viele serbische Autoren sprechen sich gegen diese These aus. Sie sind der Meinung, dass die Auslöschung der Deutschen an der Zusammenarbeit der Donauschwaben mit den Achsenmächte und am Antikommunismus der meisten Donauschwaben lag.

  • Einführung des Kommunismus: Obwohl die Tito-Partisanen, um mehr Unterstützer zu gewinnen, während des 2. Weltkrieges ihr Ziel von einer kommunistischen Revolution zur “Volksbefreiung” änderten, war die Einführung des Kommunismus immer das Ziel ihrer Anführers Josip Broz, genannt Tito, gewesen. Für die dafür nötige Kollektivwirtschaft war der große Grundbesitz der Donauschwaben sehr geeignet.

  • Beseitigung der Gegner: Durch die Auslöschung der Donauschwaben wurde gleichzeitig die Macht der Kommunisten stabilisiert, da die Deutschen aus ihrer Sicht ihr größter Feind waren.

  • Belohnung: Die Grundstücke der Donauschwaben wurden außer an arme Bauern aus Montenegro auch als Belohnung an Partisanenkämpfer vor allem aus der Krajina und der Lika verschenkt, da die Batschka nicht so karg wie die eben genannten Gebiete, sondern fruchtbar war und gute Häuser hatte.

  • Neid: Der Neid auf die im Verhältnis zu den anderen Gebieten reichen Orte der Donauschwaben könnte auch ein Teilgrund ihrer Eliminierung gewesen sein.

  • Rache: Die Rache ist auch ein Motiv für die Auslöschung der Deutschen, da manche Deutsche gegen die Volksbefreiungsarmee der Tito-Partisanen gekämpft hatten.

Da sich diese Punkte nicht gegenseitig ausschließen, ist es meiner Meinung nach wahrscheinlich, dass alle diese Aspekte für die Auslöschung der Deutschen mitverantwortlich waren.


Deportation in die UdSSR

Im Spätherbst 1944 verlangte Stalin von den bis zu diesem Zeitpunkt besetzten Gebieten Jugoslawiens die Deportation von Arbeitskräften als Kriegsreparationen. Im Dezember 1944 und Januar 1945 wurden daraufhin innerhalb von zwei Wochen Donauschwaben unter menschenunwürdigen Bedingungen in die Sowjetunion transportiert. Aus dem Banat und der Batschka zusammen wurden mindestens 12.000 Donauschwaben deportiert.

Die Deportierten waren meistens Frauen im Alter von 18 bis 35 und Männer im Alter von 17 bis 45 Jahren. Entweder wurden sie aus schon bestehenden Arbeitslagern ausgesondert oder, falls sie noch nicht in Lagern waren, direkt vor Ort abtransportiert. Ausnahmen wurden nur bei hochschwangeren Frauen, Frauen mit Kindern, die jünger als 2 Jahre waren, und Schwerkranken gemacht. Mindestens 17% der Deportierten starben.

Die Donauschwaben wurden aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen, was viele als brutal empfanden. Dann wurden sie in Viehwaggons gesteckt und mit diesen gen Osten transportiert. Schon während dieser Fahrten drohte die Gefahr des Erfrierens. Zudem gab es kaum Verpflegung und keine Möglichkeit sich zu waschen. In der Sowjetunion mussten sie sehr schwer und unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten; auch ihre Unterkünfte waren elende Behausungen. Ende 1945 wurden die Schwerkranken und Arbeitsunfähigen zurückgebracht. Einer der ersten dieser Transporte ging nach Jugoslawien, wo die Insassen sofort in Lager eingewiesen wurden.

In den Jahren 1948 und 1949 wurden die allgemeinen Bedingungen der Donauschwaben in der UdSSR besser, bis Ende Oktober 1949 die Lager aufgelöst und die verbliebenen Zwangsarbeiter nach Deutschland transportiert wurden. Dort wurde ihnen oft erst das Schicksal der in den Lagern in Jugoslawien verbliebenen Deutschen und der endgültige Verlust der Heimat bewusst.


Gezielte Auslöschung oder Völkermord

Von den Vereinten Nationen ist die Tötung der Deutschen in Jugoslawien nicht als Völkermord anerkannt. Prof. Dr. Dieter Blumenwitz schreibt in seinem Buch “Rechtgutachten über die Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944-1948”, warum er der Meinung ist, dass laut der Definition der UNO die Tötung und Vertreibung der Deutschen ein Genozid war. Wichtig ist ihm der Aspekt, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl durch die Vertreibung (und damit Trennung von Freunden u.s.w.) zunächst stark geschädigt wurde. Laut Artikel II der Völkermordkonvention ist dies ein Bestandteil eines Völkermords.


Herr K.

1. Phase

Die Familie von Herrn K. wollte eigentlich mit dem Bruder des angeheirateten Onkels mütterlicherseits flüchten, da dieser bis dahin nicht im Kriegsdienst gewesen war. Sie hatten schon alle ihre Sachen zusammengepackt. Dieser Bruder des angeheirateten Onkels war Inhaber einer Maschinenwerkstatt für landwirtschaftliche Geräte, also auch von Traktoren und großen Anhängern. Mit drei anderen Familien hatte sie sich auf diese Anhängern verteilt. Die Kinder und so auch Herr K. waren aufgeregt, begriffen sie die Flucht doch vor allem als ein großes Abenteuer.  Doch über verschiedene Verwandtschaftsbeziehungen erfuhren sie, dass sie die Donau überhaupt nicht mehr überqueren konnten, da die Donaubrücken gesprengt worden seien. Deshalb verzögerte sich der Aufbruch, bis  Partisanen auftauchten und somit die Flucht nicht mehr möglich war, sondern die Deutschen nun überwacht wurden. Die Partisanen verhafteten den Vater von Herrn K., seine Tante und deren Tochter, um sie, wie viele andere, zu erschießen. Seine Cousine hatte einen einjährigen Sohn und die Partisanen boten ihr an, sie gegen ihren Vater, der für die Deutschen Kriegsdienst geleistet hatte, frei zu lassen. Über verschiedene Beziehungen teilte sie ihrem Vater diese Vereinbarung mit, der sich daraufhin den Partisanen stellte und erschossen wurde. Die Cousine wurde allerdings tatsächlich freigelassen.

Zeit in Lagern

Herr K. berichtete weiter, dass seinen Großeltern nichts angetan wurde, weil einer von ihnen amerikanischer Staatsbürger war. Herr K. kam mit seinem Bruder und seiner Mutter im Frühjahr 1945 in das Sonderstatus-Lager in Jarek, seine zwei Schwestern kamen in ein Arbeitslager. Trotzdem erfuhren sie immer durch vielfältige Kontakt, wo sich die anderen Familienmitglieder gerade befanden. Am 5. Dezember 1945 starb im Lager Jarek sein Bruder, am 16. März 1946 verhungerte seine Mutter. Sein Bruder starb nicht nur an Unterernährung, sondern auch an den Folgen von Verletzungen, da er geschlagen worden war, nachdem er trotz Verbots eine Kuh gemolken hatte. Als seine Schwestern erfuhren, dass Herr K. jetzt alleine im Lager war, flohen sie aus dem Arbeitslager und wollten zu Herrn K.. In dieser Zeit brach allerdings eine Epidemie aus, sodass das Lager mit Sonderstatus, in dem Herr K. war, aufgelöst werden musste, da die Epidemie auch für Partisanen gefährlich hätte werden können. Die Lagerinsassen mussten weiter verteilt werden und wurden mit Viehwaggons ungefähr 24 Stunden transportiert, obwohl die Strecke, wie er später erfuhr, nur circa 60 Kilometer lang gewesen war. Daraus schloss er, dass die Partisanen selbst nicht genau wussten, wohin sie die Donauschwaben aus den Lagern mit Sonderstatus schicken sollten. Seine Schwestern kamen erneut ins Arbeitslager, diesmal in das einer Großgärtnerei nahe Belgrad, und mussten bis zum Herbst 1948 hier arbeiten.

Im Frühjahr 1946 kamen die elternlosen Kinder des Zugtransports in ein anderes Lager, bevor man sie im Herbst  desselben Jahres in ein serbisches Dorf mit einem orthodoxen Kloster brachte, wo sie gut behandelt wurden. Im Kloster konnten sie sich waschen und bekamen etwas Neues zum Anziehen. Von diesem Kloster aus wurden sie im Dezember 1946 auf ganz Jugoslawien verteilt, Herr K. kam nach Slowenien, damals ein Teil Jugoslawiens. Beim Verteilen wurde darauf geachtet, dass immer nur circa zwei Kinder in einer jugoslawischen Stadt untergebracht wurden. Herr K. kam in eine kleine Stadt nahe Kroatien, Tschernembl, wo sie, was für ihn erstaunlich war, gut aufgenommen wurden. Die meisten Bürger dort waren auch keine Kommunisten.

Zeit in Tschernembl

In dieser Stadt kamen sie in ein Internat; die Schule war allerdings von ihrer Unterkunft getrennt. Da es sich bei der Schule um ein Gymnasium handelte, Herr K. aber weder slowenisch sprechen konnte, noch alt genug für eine weiterführende Schule war, kam er ins Haupthaus, das Gymnasiastinnen vorbehalten war. Die Oberstufenschülerinnen kümmerten sich dort um ihn und brachten ihm Slowenisch bei. Ab Februar 1947 besuchte er mit Klaus, einem anderen donauschwäbischen Jungen, die Schule. Die Lehrerin dort konnte sogar deutsch sprechen, wie manch anderer älterer Menschen. Diese konnten Deutsch, da sie es vor den zwei Weltkriegen in der Schule gelernt hatten, als Slowenien an Ungarn und Österreich grenzte und Ungarn, wie auch in der Batschka, viel Einfluss auf die Einwohner nehmen wollten. Dadurch hatten sich viele Slowenen mehr nach Österreich orientiert. Diese Lehrerin erklärte den anderen Kindern irgendetwas auf Slowenisch, woraufhin diese zu ihm kamen und ihm einen Bleistift und Radiergummis gaben. Ein Mädchen teilte sogar ihr Vesper mit ihm. Bei diesem Mädchen waren er und Klaus auch manchmal zu Besuch und es hat ihm auch weiterhin Vesper mitgebracht. In der Schule wurde er einmal ausgelacht, da er in der weiblichen Form sprach, weil ihm die Oberstufenschülerinnen slowenisch in der weiblichen Form beigebracht hatten.

Nachdem alle Lager 1948 aufgelöst wurden, bekam Klaus einen Brief, da seine Schwester herausgefunden hatte, wo er war. Gezielt hatte sie sich beim Roten Kreuz in Neusatz um eine Putzfrauenstelle beworben, da dort Listen geführt wurden, wer wo war. Sie schrieb ihm einen Brief. Die Heimleiterin war sich aber nicht sicher, ob sie Klaus den Brief geben durfte, was ihr aber dann vom Rathaus genehmigt wurde. Klaus durfte allerdings nicht selber Briefe schreiben. Im Sommer 1948 schickte die Schwester ihm einen Brief mit einem Foto von ihr, bei dem Klaus und Herr K. bemerkten, dass dort etwas eingestanzt war - die Adresse. Sie schrieben der Schwester auf Slowenisch, Deutsch hatten sie schon verlernt und Serbisch konnten sie nicht, so musste Klaus´ Schwester den Brief auf serbisch übersetzen lassen. Von der Wirtschafterin wurde ihnen erlaubt, ihren Namen zu verwenden, da sie einen Namen brauchten, um den Brief abzuschicken. Die Heimleiterin bekam das jedoch mit, leitete die Information aber nicht an das Rathaus weiter. Etwas später wurde Klaus doch die Kommunikation mit seiner Schwester erlaubt, Ende 1948 durfte sie ihn auch besuchen und mit Klaus sogar die Ferien verbringen. Sie hatte einen Deutschen aus Kischker kennengelernt, heiratete diesen im Januar 1949, meldete sich in Neusatz mit ihrem alten Namen (Rieser) ab und in Kischker mit ihren neuen Namen (Litzenberger) an. So konnte nicht mehr nachvollzogen werden, wo sie war, und sie nahm Klaus zu sich.

Im Herbst 1949 meldete sich schließlich auch eine der Schwestern von Herrn K. bei ihm, da sie seinen Aufenthaltsort über Klaus und seine Schwester erfahren hatte, und besuchte ihn im Winter 1949. Herr K. besuchte zu diesem Zeitpunkt ein Gymnasium, und als seine Lehrerin von diesem Besuch erfuhr, rief sie Herrn K. zu sich und meinte: ”Andrej (slowenisch für Andreas), mach´s nicht so wie der Klaus.” Sie bezog sich dabei auf Klaus´ Verschwinden. Sie machte ihm klar, dass er in die Ferien fahren dürfte, die Schule für ihn kostenlos sei und er somit in Jugoslawien bleiben solle. Herr K. folgte ihrer Empfehlung, und während er in den Winterferien mit der Schule in Slowenien zum Skifahren fuhr, verbrachte er in den Sommerferien in nachfolgenden Jahren meistens einen Monat an der Adria und zwei Monate in Kischker. Erstmals nach langer Zeit traf er am 16. Januar 1950 wieder in der alten Heimat ein. Deutsch mit donauschwäbischem Akzent erlernte er rasch wieder. 1954 wanderten seine Großeltern nach Karlsruhe aus, da die Cousine von Herrn K. schon in Deutschland war und ihnen sagte, es wäre in Deutschland viel besser.

Andenken an Gründung des Handballvereins

Andenken an Gründung des Handballvereins

Im Gymnasium hatte Herr K. einen Sportlehrer (ab ungefähr 1952), der vor dem 1. Weltkrieg eine Donauschwäbin geheiratet hatte. Mit diesem bauten die Schüler ein Stadion mit einem Leichtathletikbereich und einem Handballfeld. Er brachte den Schülern auch Handball bei. Zudem wurde ein Handball-Club gegründet, in dem Herr K. Mitglied war. Im Januar 1952 wurde ihnen, wegen ihres Erfolges in Slowenien, eine Reise nach Deutschland geschenkt, auf der sie auch Auslandsspiele absolvieren sollten. Allerdings brauchte man dafür ein Visum sowie zwei Personen, die mit ihrer Unterschrift garantierten, dass man wieder nach Jugoslawien zurückkommen wird. Damit wollte man verhindern, dass gute Sportler auf gute Angebote im Ausland eingingen. Herr K. hatte jedoch keine Personen, die für ihn hätten unterschreiben können. Da die anderen aus dem Handball-Club gedroht hatten, selbst nicht die Reise anzutreten, wenn Herr K. nicht mitdurfte, unterschrieben der Sportlehrer und seine Klassenlehrerin. Dies zeugte von großem Vertrauen in Herrn K., da die Personen, die unterschrieben, bestraft wurden, wenn der Reisende doch nicht zurückkam. In Deutschland kamen sie nach Pforzheim, da die Verwandten der Frau des Sportlehrers dort wohnten.

Die Haushälterin der Familie, bei der er in Pforzheim untergebracht war, organisierte für ihn ein Treffen mit seiner Familie, ohne dass die zwei Beobachter, die die Sportgruppe begleiteten, es bemerkten. Dafür schrieb sie seiner Familie in Neureut und bald daraufhin besuchte ihn seine Cousine. Auch wurde ein längeres Treffen arrangiert, zu dem er nach Neureut gefahren wurde, nachdem er den anderen gesagt hatte, dass er beim geplanten gemeinsamen Programm nicht teilnehmen könne, da er krank sei. Sein Großvater wollte eigentlich, dass er gleich da bleibe, doch Herr K. erwiderte, er könne das nicht tun, da sein Sportlehrer und seine Klassenlehrerin für ihn gebürgt hätten.

Sein Großvater wusste aber noch einen anderen Weg, nämlich über die Familienzusammenführung des Roten Kreuzes. Deshalb beantragten seine Großeltern nach der Einwilligung von Herrn K. die Familienzusammenführung.

In Slowenien waren mache überrascht, dass er wieder zurückkehrte. Dort erzählte er nun auch, dass er seine Familie getroffen hatte. Sein Abitur machte er an einer Wirtschaftsoberschule in Laibach (Jugoslawien), da sein Lehrer nicht wollte, dass er sein Abitur in Tschernembl macht. Ein Problem war noch, dass er im September 1956 eine Einberufung zum Militär bekam. Daraufhin ging er nochmal nach Laibach an die Wirtschaftsoberschule und bat dort um eine Bescheinigung, dass er weiter dort in die Schule gehe, was aber nicht der Fall war. Die Bescheinigung bekam er trotzdem, da der Schulleiter seine Lage kannte. Das Deutsche Rote Kreuz leitete den Antrag ans Internationale Rote Kreuz in Genf weiter, die ihn nach Jugoslawien überstellten. Dann wurden alle Beteiligten gefragt, ob sie denn eine Familienzusammenführung wollten. Am 20. Dezember 1956 wurden Herr K. schließlich nach Belgrad einbestellt und mussten beim Jugoslawischen, Internationalen und Deutschen Roten Kreuz unterschreiben, dass er “freiwillig nach Deutschland auswandert”. Daraufhin bekam er die deutsche Staatsangehörigkeit.

Zeit in Deutschland:

In Deutschland musste Herr K. zuerst einmal Hochdeutsch lernen, da er nur Donauschwäbisch sprach. Er machte in Biberach an der Riß die Polizeiprüfung, die er auch bestand, wurde aber, wahrscheinlich wegen seines damals noch starken Akzents, nicht eingestellt. Die offizielle Begründung lautete, dass er gefährdet sei, eine Lungenkrankheit zu bekommen. Er wurde deshalb ins Allgäu in eine Heimschule geschickt, die er schon nach einem Jahr verlassen durfte. Der Lehrer aus diesem Heim brachte Herrn K. mit einem Schuldirektor aus Kehl zusammen, der gute Erfahrungen mit Schülern aus Jugoslawien gemacht hatte. Dieser hatte aber zu wenige Anmeldungen und somit wurde er nach Offenburg weitergeleitet, wo ungefähr das der gleiche Stoff wie in Jugoslawien durchgenommen wurde. Nach einem Jahr lernte er bei der Firma Border Industriekaufmann und nach sechs Jahren wechselte er nach Karlsruhe zu einer anderen Firma, da er seine heutige Frau kennengelernt und mit ihr in Karlsruhe leben wollte. Später studierte er in Pforzheim und arbeitete anschließend bei der IBK in Karlsruhe als Personalleiter. Irgendwann wechselte er zu Doduco in Pforzheim.

¹ Wildmann, Georg, Sonnenleitner, Hans, und Weber, Karl (1998). Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944 - 1948: die Stationen eines Völkermords. München, S.313