Allgemeines

Manche Donauschwaben siedelten sich nach ihrer Flucht in Karlsruhe an, Herr K. vermutet, dass es sich herumgesprochen hatte, dass die Donauschwaben in Karlsruhe wegen ihres Fleißes gut aufgenommen wurden. Sie siedelten sich meist in Neubaugebieten an, wie zum Beispiel in Grötzingen, Neureut und der Nordweststadt. In anderen Landkreisen gab es aber noch sehr viel mehr Donauschwaben.


Frau Roser

Zwangseinquartierung

Als Frau Roser und ihre Familie 1946 nach Karlsruhe kamen, wurden sie auf Wohnungen aufgeteilt. Frau Roser kam dabei in die Oststadt. Die Wohnung dort hatte acht Zimmer, sechs Zimmer musste die Wohnungsbesitzerin für Einquartierungen abtreten, eines davon an Frau Roser und ihre Familie. Obwohl sie sich alles, auch Küche, Toilette und Bad, mit anderen Flüchtlingen und der Wohnungseigentümerin teilen mussten, gab es keine Probleme. Aber nicht überall klappte es mit diesen Zwangseinquartierungen so reibungslos, Frau Roser erzählte, dass sie auch von Fällen gehört habe, wo es nicht so gut funktionierte.

Integration und Hausbau

Ihnen war klar, dass sie sich jetzt integrieren und einen guten Ruf bekommen müssten. Deshalb halfen sie beim Wiederaufbau. Ihr Vater lud auf der Kaiserstraße mit einem kleinen Wagen Schutt auf, ihr Bruder transportierte Schutt von der Lutherkirche, die neben ihrer Wohnung war, ab. So erarbeiteten sich die Donauschwaben den Ruf, sehr fleißig zu sein. In dieser Zeit ist ihr die Lutherkirche sehr ans Herz gewachsen, sie half dort auch beim Kindergottesdienst mit. In der Wohnung neben der Lutherkirche lebten sie sechs Jahre lang.

Frau Rosers Vater und ihr Onkel bauten 1952 auf einem Grundstück in der Nordweststadt und ihr Vater teilte dieses mit seinem Bruder, da es sehr groß war. Ihr Vater hatte in immer Deutschland Heimweh. Ihre Großmutter, die sehr gläubig war, sagte oft: “Danken wir doch unserm Herrn Gott, wir haben wieder ein dach über dem Kopf. Er hat uns geführt und begleitet und bewahrt.”

Frau Roser berichtete, dass der Zusammenhalt der Donauschwaben durch das gemeinsame Schicksal der Flucht, nochmal gewachsen sei. Viele Familien halfen sich beim Bau von Häusern gegenseitig. Frau Roser sagte: “Die ersten 30 Jahre nach der Flucht, hier, war der Zusammenhalt sehr stark. Man hat sich einander gesucht.”

Lastenausgleich und Vermögen

Manche Personen beantragten Lastenausgleich und dafür mussten sie angeben, was sie in der Batschka besaßen, um für diesen Besitz Geld zu bekommen. Der Geldbetrag ersetzte zwar nie auch nur annährend den Wert des verloren gegangenen Besitzes, trotzdem wollte man sichergehen, dass keiner etwas Falsches angab. Dazu erzählte Frau Roser, dass ihr Vater mit drei anderen Personen aus Titel, die voneinander nichts wussten, überprüft habe, ob das, was die Personen, die Lastenausgleich beantragten, stimmte. Ihr Vater hatte einen relativ guten Einblick ins Vermögen der anderen Donauschwaben, da er eine Dreschmaschine besaß und mit dieser zu den Bauern in der Umgebung ging, um die Ernte zu dreschen. Wenn solch ein Brief zu ihnen kam, diktierte Frau Rosers Vater ihr immer, was nicht stimmte und was sie in die Ergänzung schreiben musste. Diesen Brief schickten sie dann nach Stuttgart.

Sie erzählte beispielsweise von einem Friseur, der immer mit einem kleinen Köfferchen zu den Bauern gegangen war, um ihnen die Haare zu schneiden und sie zu rasieren. Dieser gab an, er habe einen Salon mit drei Stühlen besessen. Bei den Heimattreffen, die stattfanden, wurden die Personen, die falsche Angaben machten, dann zur Rede gestellt.

Bei diesen Heimattreffen wurde auch über das Vermögen in Karlsruhe gesprochen. Von den ehemals Reichen wurde über die ehemals Armen gesagt: “Daheim hat er nichts gehabt und jezt fahrt ´r Auto”. Die Reichen wurden nämlich oftmals nicht so reich wie deren Knechte, da diese in der Batschka viel mehr arbeiten mussten und dadurch ans viele Arbeiten besser gewöhnt waren.

Schule und Ausbildung

Frau Roser ging in der Oststadt in die Schule und ihre Mutter wollte erstmal, dass sie Näherin wird. Als sie dann zum Arbeitsamt ging, wurde sie gefragt, warum sie denn Näherin werden wolle, da sie gute Noten hatte. Darauf antwortete sie, dass sie nicht Näherin werden wolle, sondern nur ihre Mutter. Nun wurde ihr der Tipp gegeben, weiter in die Schule zu gehen, was sie dann auch tat. Irgendwann wurde in ihrer Klasse eine Ausbildung zur Sekretärin angeboten, welche sie machte und somit Sekretärin wurde.

Insgesamt denke ich, dass sie durch die Flucht weder zu einem Verlierer, noch zu einem Gewinner wurde, da sie in der Batschka dem Mittelstand angehörte und in Karlsruhe auch.


Herr Staudt

Tauber- und Neckarbischofsheim

In Tauberbischofsheim wurden Herr Staudt und seine Familie einem Apotheker zugewiesen, dessen Wohnung, wie viele andere zu dieser Zeit, zum Teil beschlagnahmt wurde, sodass Flüchtlinge in dieser leben konnten. Schon bald fuhr Herrn Staudts Vater mit dem Zug nach Karlsruhe, da er wusste, dass in Karlsruhe der Sitz des Landesbischofs ist und er bei diesem um Arbeit bitten wollte. Dort wurde er mit offenen Armen empfangen, da es viel zu wenige Pfarrer gab, weil viele von ihnen in Kriegsgefangenschaft waren. Nun wurde er nach Neckarbischofsheim (Kraichgau) zugewiesen und musste alle Gemeinden in der Umgebung übernehmen. In Neckarbischofsheim durften sie im alten Pfarrhaus wohnen, im neuen Pfarrhaus wohnte die eigentliche Pfarrfamilie, der Pfarrer war in russischer Kriegsgefangenschaft, in Stalingrad. Seit 1942 hatte man von diesem Pfarrer nichts mehr gehört, deshalb galt es als sehr wahrscheinlich, dass er tot wäre. Dort haben sie sich gut eingelebt, schließlich waren sowohl die Gemeinde als auch Herr Staudt bäuerlich geprägt, sie hatten einen Pfarrgarten, wo sie ernteten, seine Großmutter begann eine Hasen- und Hühnerzucht und insgesamt ging es ihnen dort relativ gut, bis drei Monate nach ihrer Ankunft in Neckarbischofsheim der alte Pfarrer zurückkehrte, da er aus gesundheitlichen Gründen aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden war. Trotzdem übernahm er schon am nächsten Tag die Pfarrstelle wieder. Daraufhin ist Herrn Staudts Vater wieder nach Karlsruhe gefahren und wegen der Flüchtlingsmassen sollte er sich nun um Flüchtlinge kümmern. Bevor er anfangen sollte, bekam er aber noch zwei Wochen Urlaub. In dieser Zeit wurden sie in einem Heim der Diakonie in Berchtesgaden untergebracht. Für Herrn Staudt war das ein neues Erlebnis, da die Batschka nicht besonders bergig ist.

Flüchtlingshelfer und Zeit in Mannheim

Nach diesem Urlaub sollte Herrn Staudts Vater Flüchtlinge in Baden suchen, ihnen helfen und probieren, ihnen Fragen zu beantworten. Dies tat er für eineinhalb Jahre, bis zum Februar 1947, als er sich wegen der enormen Kälte erkältete und drei bis vier Wochen nicht arbeiten konnte. Im Frühjahr 1947 fing er mit dieser Aufgabe wieder an und wollte in Mannheim beim Dekan fragen, wo Flüchtlinge untergebracht waren. Da in Mannheim aber viel zu wenige Pfarrer waren, wollte der Dekan Herrn Staudts Vater als Pfarrer anstellen. Er nahm dieses Angebot an, da er nicht mehr so viel herumfahren wollte. Daraufhin wurde er nach Mannheim-Käfertal geschickt, aber dort hat es irgendwie nicht geklappt. Deshalb wurde er in eine andere Gemeinde versetzt, wo er sehr gut aufgenommen wurde.

Herr Staudt blieb dennoch mit seiner Familie in Neckarbischofsheim und ging dort auch zur Volksschule, wo es nur Schiefertafeln zum schreiben gab und er von zwei ungefähr 70 Jahre alten Lehrern unterrichtet wurde.

Als sich Herrn Staudts Vater sicher war, dass er bleiben wollte, lud er seine Familie Ende 1947 nach Mannheim ein. Herr Staudt erinnert sich bei diesem Besuch sehr gut an das stark zerstörte Mannheim. Die Kirche war auch zerstört. Herrn Staudts Vater hatte im Pfarrhaus ein Zimmer, aber die Familie konnte in diesem noch nicht wohnen und musste zunächst in Tauberbischofsheim bleiben. Ein Jahr später war ein weiteres Zimmer einzugsbereit, sodass Herr Staudt und seine Familie nun auch nach Mannheim ziehen konnten. Nach einem weiteren Jahr (1949) war das Obergeschoss des Pfarrhauses fertig. In dieser Zeit wurde Herr Staudt auch am Karl-Friedrich-Gymnasium Mannheim aufgenommen. In die obere Etage kam eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und irgendwann bekam Herr Staudt ein eigenes Zimmer. Herr Staudt hatte seine Konfirmation in der 1953 / 1954 fertig gestellten Kirche. Bevor das der Fall war, nutzte man den Seitenteil unter der Empore als Notkirche für ungefähr 250 Leute. 1957 war alles, bis auf den Kirchturm, fertig wieder aufgebaut und man hatte genug Räume zur Verfügung. Danach wurde auch der Kirchturm aufgebaut und Herr Staudt durfte die Glocken läuten.

Beispiel eines Lastenausgleichs
Erst 1972 erhielten sie den Ausgleich für verlorengegangene Besitztümer und erhielten 106.050 RM - das waren damals nur 10260 DM.

Erst 1972 erhielten sie den Ausgleich für verlorengegangene Besitztümer und erhielten 106.050 RM - das waren damals nur 10260 DM.

Insgesamt denke ich, dass er durch die Flucht weder zu einem Verlierer, noch zu einem Gewinner wurde, da er in der Batschka dem Mittelstand angehörte und in Mannheim auch.


Herr Hoffmann

Herrn Hoffmanns Frau

Nachdem Herr Hoffmann, weil er in England erfahren hatte, dass seine Mutter in Karlsruhe war, 1948 dorthin gezogen war, lernte er in Karlsruhe seine zukünftige Frau kennen, die er 1950 heiratete. Die Schwester von dieser kannte er schon aus Werbass. Seine Frau stammte aus Alt-Ker, war gut im Nähen und Malen und arbeitete deshab bei “Wilhelm Blicker & Co.”. Als aller erstes suchte Herr Hoffmann eine Arbeit und hoffte zuerst, wegen seines guten Englischs irgendwo beim Export arbeiten zu können. Dies wurde allerdings nichts.

Berufserfahrung und Hausbau

Daraufhin arbeitete er bei einem Konsum-Geschäft, wo er Kartoffeln in die Keller der Kunden tragen sollte. Durch einen Werbasser Rechtsanwalt, der gute Kontakte hatte, kam er dann zu Pfeiffer & May, einem großen Sanitärgeschäft, wo er 15 Jahre lang arbeitete. Zuerst kam er in die Fakturenabteilung, wo er den ganzen Tag rechnen musste. Da man bemerkte, wie gut er mit Kundschaft umgehen konnte, kam er bald ins Kaufbüro und irgendwann wurde er durch Herrn Pfeiffer zum Vertreter befördert. Als dieser arbeitete er im Außendienst und bekam ein Auto, was 1955 sehr besonders war.

1952 ist er in ein Haus eingezogen, was er selbst nicht ganz glauben konnte, da er sich so schnell eine Existenz in Karlsruhe aufgebaut hatte, obwohl er nur wenige Kredite bekommen hatte. Dieses Haus baute er 1950 selbst mit seinem Schwiegervater, der 1949 aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Sein Schwiegervater war arbeitslos und half auf anderen Baustellen, weil er dadurch viel Zeit hatte. Die, denen geholfen wurde, halfen ihm dann auf seiner Baustelle.

Treffen mit meinem Großvater und seiner Schwester

In Karlsruhe knüpfte Herr Hoffmann in den ersten Jahren Kontakte zu anderen Donauschwaben, so auch zur Schwester meines Großvaters, Karoline Schadt, Mezi genannt und dadurch zu meinem Großvater, Daniel Schadt. Immer Sonntags trafen sie sich auf der Kaiserstraße und flanierten dort noch mit einer anderen Frau, da sie kein Geld für das Kino hatten. Der Kontakt verlor sich aber, da mein Großvater eine Sudetendeutsche heiratete und seine Schwester einen “Reichsdeutschen”. Herr Hoffmann betonte, dass es in Neu-Werbass nicht denkbar gewesen wäre, mit den Schadts zu flanieren, da sie dort zur Oberschicht gehörten und er zur Unterschicht. In Karlsruhe allerdings hatten alle fast die gleichen Möglichkeiten und gehörten am Anfang alle zur Unterschicht.

Donauschwaben in der DDR

Herr Hoffmann erzählte auch von einem Donauschwaben, der in der russischen Besatzungszone und späteren DDR lebte. Herr Hoffmann besuchte diesen mit seiner Frau. Dieser aus Werbass stammende Donauschwabe lebte in einem kleinen Dorf an einem See, war Schulrektor und erzählte, was er alles in der DDR machen konnte, wenn er nur erzählte, was die Regierung wollte. Dessen Frau war außerdem Leiterin einer Großküche. Sein Bruder, der Professor in Westdeutschland war, unterstützte ihn wohl außerdem finanziell. Herr Hoffmann schrieb eines Tages einen Brief an ihn in die DDR, in dem er die Frage formulierte, warum die Serben nach 460 Jahren unter osmanischer Herrschaft keine Muslime und sie in Ostdeutschland nach 25 Jahren in der DDR Atheisten wurden. Wie es eigentlich zu erwarten war, erhielt er keine Antwort.

Insgesamt denke ich, dass Herr Hoffmann durch das Verlassen der Batschka profitierte, da er sich in Karlsruhe eine neue Existenz aufbauen konnte und nun zum Beispiel mit den Schadts flanieren durfte.


Herr Weimann und mein Großvater

Die ersten Jahre meines Großvaters und Herrn Weimanns in Karlsruhe

Hier sieht man meinen Großvater bei einer Ehrung von einem KSC-Ball.

Mein Großvater war nach seiner Kriegsgefangenschaft zuerst in einem Flüchtlingsheim in Karlsruhe untergebracht, bis er im November 1946 in die Karl-Hoffmann-Straße 5 einzog, wo seine Mutter schon wohnte. Er bekam mehrere Angebote der Amerikaner, in Amerika zu arbeiten, welche er wegen seiner Mutter, welche nicht wollte, dass er nach Amerika auswandert, ablehnte. 1956 baute er mit seinem Schwager ein Haus in der Bodelschwinghstraße 15, in das er anschließend einzog. In dieser Zeit arbeiteter als Angestellter der Stadt Karlsruhe im Wasserwerk. Daniel Schadt hatte mit dem Verlassen der Batschka, glaube ich, abgeschlossen: Er erzählte nicht sehr viel über diese Zeit und alte Fotos und Dokumente lagerte er nicht in dem Haus, das er 1966 kaufte, sondern in der Garage. Außerdem war er ein großer Fan des Karlsruher Fußballvereins, des KSCs. Er war definitiv ein Verlierer, da seine Familie in der Batschka zur Oberschicht und in Karlsruhe zur Mittelschicht gehörte und seine Mutter nicht wollte, dass er nach Amerika auswandert. Außerdem konnte er nicht studieren, da er wegen seines Kriegsdienstes kein Abitur machen konnte.

1946 bis 1950 hatten Herrn Weimanns Vater und mein Großvater viel miteinander zu tun, sie gingen beispielsweise zusammen “hamstern”, das heißt, dass sie übers Land fuhren und gemeinsam probierten, an Essen zu kommen. Gemeinsam klauten sie ebenfalls Holz im Wald und wurden erwischt, das dies bestätigende Dokument ist unten. Insgesamt hielt die Familie sehr gut zusammen, erzählte er. Herr Weimann nahm meinen Großvater immer als humorvollen und fröhlichen Menschen wahr.

Holzdiebstahl.jpg
Auswandern der Donauschwaben ins Ausland

Bis 1950 lebte die Familie Weimann in Karlsruhe, aber zur Heimat wurde es in dieser Zeit nicht. Herr Weimann hatte gerade die Aufnahmeprüfung am Helmholtz-Gymnasium geschafft. Da sein Vater keine Stelle hatte und ihm ein Stellenangebot in Indien vorlag, machten sie sich auf den Weg nach Indien.

Laut Frau Roser wurde unter den Flüchtlingen Werbung gemacht, in Länder wie die USA, Kanada, Südafrika oder eben Indien auszuwandern. Deshalb hat Frau Roser Verwandte rund um die Welt.

Herrn Weimanns Vater suchte sich jedoch selbst eine Stelle und irgendwann lernte er zwei Arbeiter einer großen, indischen Firma, die viele Kohlebergwerke besaß, kennen, welche ihm die Stelle verschafften. Herr Weimann senior sollte helfen, die Maschinen für die Kohlebeförderung zu warten.

Herr Weimann und seine Familie fuhren zuerst mit dem Zug nach England und von Liverpool mit einem Frachtschiff nach Mumbai, was insgesamt drei Wochen dauerte. Von dort fuhren sie an die Ostküste. Der Betrieb, in dem sein Vater arbeitete, war nahe Kalkutta. Herr Weimann ging in Indien in ein englisches Internat, das kein anderer Deutscher besuchte, und musste deshalb erstmal Englisch lernen. Irgendwann lernte er wegen der Unabhängigkeit Indiens mühselig auch noch Hindi.

Insgesamt denke ich, dass Herr Weimann eher Gewinner, als ein Verlierer war, da er in der Batschka der Mittelschicht angehörte und er nun der gehobenen Mittelschicht angehört. Er war in seinem als Physikprofessor sehr erfolgreich.


Weitere Aktionen der Donauschwaben nach ihrem Neuanfang

Die Charta der Heimatvertriebenen

Am 5. August 1950 unterschrieben Vertreter der deutschen Heimatvertriebenen und damit auch die Donauschwaben in Stuttgart eine Charta. Dabei waren unter anderem Mitglieder der Bundesregierung, Kirche und der Landesparlamente anwesend. In dieser drücken sie die Unterstützung eines gemeinsamen Europas und die Hilfe beim Wiederaufbau Deutschlands aus. Sie wollen auf Rache verzichten und fordern das Recht auf Heimat als Grundrecht und soziale Gleichstellung. In diesem Text erkennt man wieder die Christlichkeit der Donauschwaben. Franz Hamm unterschrieb für die Deutschen aus Jugoslawien, nachdem er dafür die Bevollmächtigung vom Bundesverband der Deutschen aus Jugoslawien erhalten hatte.

Text der Charta:

Im Bewußtsein ihrer Verantwortung vor Gott und den Menschen, im Bewußtsein ihrer Zugehörigkeit zum christlich-abendländischem Kulturkreis, im Bewußtsein ihres deutschen Volkstums und in der Erkenntnis der gemeinsamen Aufgabe aller europäischen Völker haben die erwählten Vertreter von Millionen Heimatvertriebenen nach reiflicher Überlegung und nach Prüfung ihres Gewissen beschlossen, dem Deutschen Volk und der Weltöffentlichkeit gegenüber eine feierliche Erklärung ab zugeben, die die Pflichten und Rechte festlegt, welche die deutschen Heimatvertriebenen als ihr Grundgesetz und als unumgängliche Voraussetzung für die Herbeiführung eines freien und geeinten Europas ansehen:

1. Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluss ist uns ernst und heilig in Gedenken an das unendliche Leid, welches im besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit gebracht hat.

2. Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können.

3. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau Deutschland und Europa. Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten. Wir haben dieses Schicksal erlitten und erlebt. Dafür fühlen wir uns berufen zu verlangen, dass das Recht auf Heimat als eines von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht wird. So lange dieses Recht für uns nicht verwirklicht ist, wollen wir aber nicht zur Untätigkeit verurteilt beiseite stehen, sondern in neuen, geläuterten Formen verständnisvollen und verständnisvollen und brüderlichen Zusammenlebens mit allen Gliedern unseres Volkes schaffen und wirken.

Darum fordern und verlangen wir heute wie gestern:

1. Gleiches Recht als Staatsbürger nicht nur vorm Gesetz, sondern auch in der Wirklichkeit des Alltags.

2. Gerechte und sinnvolle Verteilung der Lasten des letzten Krieges auf das ganze deutsche Volk und eine ehrliche Durchführung dieses Grundsatzes.

3. Sinnvollen Einbau aller Berufsgruppen der Heimatvertriebenen in das Leben des deutschen Volkes.

4. Tätige Einschaltung der deutschen Heimatvertriebenen in den Wiederaufbau Europas. Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen empfinden. Die Völker sollen handeln, wie es ihren christlichen Pflichten und ihrem Gewissen entspricht. Die Völker müssen erkennen, dass das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen, wie aller Flüchtling, ein Weltproblem ist, dessen Lösung höchste sittliche Verantwortung und Verpflichtung zu gewaltiger Leistung fordert. Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird.

Stuttgart, 5. August 1950 

Landsmannschaften und donauschwäbische Zeitschriften

Nach der Flucht der Donauschwaben verstärkte sich der Zusammenhalt, nun sah man sich wirklich zusammengehörig, berichtete Frau Roser. Nun wurden Zeitschriften herausgegeben, meist für jedes Dorf / jede Stadt in der Batschka mindestens eine. Herr Staudt sagte, dass er manchmal Artikel für eine solche Zeitung schrieb. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in den meisten Besatzungszonen das “Koalitionsverbot”, welches bewirken sollte, dass sich die Flüchtlinge besser eingliedern und keine Verbände gründen. Die Donauschwaben organisierten sich so zuerst im kirchlichen Bereich, nachdem das “Koalitionsverbot” allerdings gelockert wurde, wurden aus diesen Organisationen Landsmannschaften, die zum Ziel haben, die donauschwäbische Kultur zu erhalten und zu vererben. Solche gibt es beispielsweise in Neureut. Diese Landmannschaften fingen bald an, sich zusammenzuschließen. Es gab zwischendurch mehrere Vereinigungen, aber am 14. Dezember 1958 schlossen sich zwei große Verbände zum “Bund der Vertriebenen - Vereinigte Landsmannschaften und Landesverbände” zusammen.

In Karlsruhe-Neureut wurde sogar eine Straße 1976 nach den Donauschwaben “Donauschwabenstraße” genannt. Es wurden kleine Museen von Donauschwaben über Donauschwaben eröffnet, so wie in Bad Schönborn. In Neureut gibt im kleinen Museum über den Stadtteil auch einen Raum über Donauschwaben und in der Norweststadt auf dem Friedhof ein Dekmal. In Sindelfingen steht das “Haus der Donauschwaben”, welches einerseits eine Bibliothek über Donauschwaben beinhaltet und andererseits auch Treffen organisiert. Herr K. erzählte aber auch, dass er bis vor ein paar Jahren immer das “Bratwurstessen” und einen “Trachtenball” für Donauschwaben organisierte, dies jedoch nicht mehr veranstalten kann, weil der Nachwuchs an Mitarbeitern fehlt. Seit 2000 gibt es in Ulm ein großes Museum über die Donauschwaben. Außerdem werden zum Beispiel in Bad Schönborn Reisen nach Parabutsch, einem katholisch geprägten Ort in der Batschka, angeboten.

Donauschwäbisches Wappen

Das Wappen der Donauschwaben wurde 1950 erstmals im von Hans Diplich geschriebenen Buch “Wir Donauschwaben” veröffentlicht und ist heute ein Erkennungszeichen für diverse Organisationen von, über und für Donauschwaben. Oben thront der Adler, welcher die Schutzpflicht des römisch-deutschen Kaisers symbolisieren soll. Darunter ist die blaue Donau zu sehen, da diese sowohl bei der Ansiedlung als auch bei der Flucht wichtig war. Die Burg mit den sechs Türmen symbolisiert die sechs Hauptansiedlungsorte der Donauschwaben, einer davon ist die Batschka. Die Festung symbolisiert außerdem die Militärgrenze gegen das osmanische Reich. Der untergehende und abnehmende Mond steht auch für den sinkenden islamischen Einfluss. Die aufgehende Sonne steht für die wichtige Bedeutung des Christentums für die Donauschwaben, da die Sonne im Christentum ein Zeichen für Jesus Christus ist. Außerdem ist die Sonne das Zeichen für Prinz Eugen von Savoyen , der das osmanische Reich stark zurückgedrängte. Das Ackerfeld symbolisiert den von den Donauschwaben fruchtbar gemachten Boden. Die verwendeten schwarz-rot-goldene Farbgebung weist auf die Verbundenheit zu Deutschland hin.


Diskriminierung der Donauschwaben

In Deutschland wurden die Donauschwaben zwar meist aufgenommen, einige Probleme ergaben sich allerdings trotzdem. So wurden die in der Kirche Kopftuch tragenden alten Donauschwäbinnen, wie schon erwähnt, oft als “Kopftuchgeschwader” bezeichnet. Außerdem musste Frau Roser um ihren Mann “kämpfen”, da dessen Eltern nicht wollten, dass er ein Flüchtlingsmädchen heiratete. Auch meine Tante wurde von der Familie ihres Mannes als solche bezeichnet.


Zu Besuch in der Batschka: Frau Roser und Herr Staudt

Herr Staudt und Frau Roser waren je nochmal nach ihrer Flucht in der Batscha zu Besuch. Die Erlebnisse könnten aber nicht unterschiedlicher gewesen sein: Als Herr Staudt die Batschka besuchte, wunderte er sich zuerst, warum an einem Haus Hakenkreuzflaggen hingen und schoss davon ein Foto. Allerdings wurde gerade ein Propaganda-Theaterstück aufgeführt und nach dieser Aktion wurde er die ganze Zeit von der Polizei verfolgt.

Frau Roser ging sogar mehrmals in die Batschka und besuchte dort ihr altes Heimatdorf, Titel. Dort wurde sie von den Serben, die sie kannten, herzlichst empfangen.

Ich glaube, dass die unterschiedlichen Erlebnisse vor allem daran liegt, dass in Titel viele Nationalitäten und nicht nur Deutsche lebten. Somit kannten einige Serben die Deutschen nach ihrer Vertreibung noch persönlich. In fast rein deutschen Dörfern / Städten zogen neue Personen in die ehemaligen Häuser der Deutschen ein. Diese kannten die Deutschen also nicht nicht nur, sondern profitierten auch von ihrer Vertreibung. Somit ist die Einstellung gegenüber den Deutschen in verschiedenen Dörfern / Städten der Batschka eine ganz andere.


Bezug zu heute

Herr Staudt ist der Meinung, dass er sich besser mit heutigen Flüchtlingen identifizieren kann, als Menschen ohne Fluchterfahrung. Er engagiert sich auch noch heute in der Flüchtlingshilfe.

Frau Roser denkt zwar auch, dass sie sich besser in Flüchtlinge hineinversetzen kann, hebt aber auch hervor, dass die Donauschwaben die gleiche / ähnliche Tradition, Sprache und Kultur wie die “Reichsdeutschen” hatten. Außerdem hebt sie hervor, dass in Titel viele Nationalitäten in Frieden zusammenleben konnten - das wünscht sie sich auch für heute.