Allgemeines

Nachdem die Batschka von Ungarn besetzt worden war, begann die Waffen-SS im Sommer 1942 damit, Männer von dort zu rekrutieren, sodass sie in der Waffen-SS als Soldaten mitkämpften. Dazu äußerte Heinrich Himmler im Namen der SS-Führung, dass unter anderem für die Donauschwaben “zwar nicht gesetzlich, aber aus dem ehernen Gesetze ihres Volkstums heraus Wehrplicht” (Heinrich Himmler) bestehe. Diese Rekrutierung widersprach eigentlich jedoch der “Haager Landkriegsordnung” vom 18. Oktober 1907, in der Verhaltensweisen im Krieg und damit auch die Besetzung eroberter Gebiete klar geregelt wurden. Deshalb wurden in der ersten und zweiten Phase der Rekrutierung einige Tricks eingesetzt, sodass diese dem folgenden Artikel nicht widersprach.

Artikel 45.

Es ist untersagt, die Bevölkerung eines besetzten Gebiets zu zwingen, der feindlichen Macht den Treueid zu leisten.

Die SS-Führung ging allerdings vom “Volksrecht” und einer “Blutgemeinschaft” aus, weshalb sie die Einziehung von Donauschwaben gerechtfertigt fand.

Um die Donauschwaben einziehen zu können, wurden 1942, 1943 und 1944 mit der ungarischen und kroatischen, 1943 mit der rumänischen Regierung Abkommen geschlossen, die regelten, dass “deutschstämmige wehrfähige Bürger”¹ zur Waffen-SS rekrutiert werden dürfen.

Verschiedene Aktionen der Rekrutierung

1. und 2. Aktion

Die ersten zwei Aktionen zum Einzug der Volksdeutschen liefen folgendermaßen ab: Damit diese völkerrechtlich legal waren, galt der Kriegsdienst als freiwillig. Viele in der Batschka meldeten sich tatsächlich freiwillig, da sie, wenn sie nicht zur Waffen-SS gegangen wären, dem ungarischen Militär (Honvéd) hätten beitreten müssen. Einerseits waren der Sold und die Familienhilfe bei der Waffen-SS sehr viel höher als beim ungarischen Militär, andererseits hatten die Familien auch Angst, bei der ungarischen Armee an die vorderste Front geschickt zu werden. Einige wurden aber auch mit Gewalt gezwungen. Um sich bei der Waffen-SS freiwillig melden zu können, mussten die Donauschwaben ihre ungarische Staatsangehörigkeit abgeben und bekamen automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt. Der VDU (Volksbund der Deutschen in Ungarn) machte für den freiwilligen Kriegsdienst bei der Waffen-SS Werbung, ungarischen Behörden wurde es verboten, Propaganda gegen diese “freiwilligen” Kriegsdienste zu machen.

3. Aktion

Die dritte Aktion der Rekrutierung widersprach allerdings eindeutig Artikel 45 der Haager Landkriegsordnung. So übertrug Ungarn die Wehrhoheit über die Volksdeutschen am 14. April 1944 an das Deutsche Reich. Somit konnten die Donauschwaben jetzt direkt vom Deutschen Reich zur Waffen-SS einberufen werden. Außerdem behielten die Eingezogenen die ungarische Staatsangehörigkeit. Somit waren sie “formell weder Freiwillige noch deutsche Staatsbürger”². Der ungarische Ministerpräsident Sztojay ließ dazu verlauten: “In den volksdeutschen Gebieten können Sie mustern, wen Sie wollen.” Als Deutscher galt, “wer sich durch seine Lebensweise und Volkstumsmerkmale als solcher zeigt oder sich freiwillig zum Deutschtum bekennt”³.

Herr Hoffmann

Kriegsdienst

Herr Hoffmann kam zuerst nach München, wo er eine Grundausbildung machte und danach nach Berlin zu einer Weiterbildung. Dann bekam er erst einmal Urlaub und wurde irgendwann eingezogen. Für ihn ging es aber nicht, wie er dachte an die Front, sondern ins schon besetzte Frankreich, wo er zwei Jahre blieb. Es gab keine Zwischenfälle in diesen zwei Jahren, sodass er beispielsweise unbewaffnet in Paris ausgehen durfte. Außerdem konnte er es sich in Paris gut gehen lassen, weil die Reichsmark im Vergleich zum Franc einen hohen Wert hatte. Irgendwann wurde er für zwei Wochen wegen der sich dort zuspitzenden Lage an die Ostfront verlegt. Als der Krieg sich dem Ende zuneigte, war Herr Hoffmann am ungarischen Plattensee stationiert, wo er aber auch nicht kämpfen musste. Das heißt, dass er die ganze Zeit während des Krieges als Soldat nie gegen die Alliierten kämpfen musste.

Kriegsgefangenschaft

Herr Hoffmann kam nach dem Krieg in amerikanische Kriegsgefangenschaft, wurde aber von diesen an die Engländer übergeben. Im englischen Lager mussten sie das erste halbe Jahr nicht arbeiten. Ein Englischlehrer brachte den Kriegsgefangenen im Lager Englisch bei. Von über 1.000 Gefangenen wollten jedoch nur 12 Englisch lernen, die restlichen waren davon überzeugt, dass die Engländer Deutsch lernen sollten. Herr Hoffmann dachte sich: “Wenn du drei Sprachen (Serbisch, Ungarisch, Deutsch) kannst, kannst auch eine vierte lernen.” Der Lehrer war wohl streng, sie sollten zehn Wörter pro Tag lernen und die schon gelernten wiederholen. Ihre Hausaufgaben und Vokabeln schrieben sie mit Bleistiften auf Kartons aus der Küche. Nach ungefähr 50 Tagen konnten sie schon eine englische Zeitung verstehen. Etwas später konnte er als Dolmetscher arbeiten, war außerhalb des Lagers untergebracht und hatte mehr Freiheiten, er durfte beispielsweise mit englischen Frauen ausgehen. 1948 wurde er aus der Kriegsgefangenschaft entlassen.

Herr Weimanns Vater und mein Großvater

Kriegsdienst meines Großvaters
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Bilder wie dieses wurden am Tag der Einziehung gemacht.

Bilder wie dieses wurden am Tag der Einziehung gemacht.

In einem Rentenbescheid vom 29. November 1988 steht, dass mein Großvater am 1. April 1944 eingezogen wurde, nachdem er sich freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hatte. Er machte diesen Schritt, weil seine in seinem Leben sehr dominante Mutter in Erfahrung gebracht hatte, dass nur derjenige, der sich freiwillig melde, eine Ausbildung erhalte.

Mein Großvater wurde nun zum Funker ausgebildet, das heißt, dass er ganz vorn an der Front Kabel verlegen musste. Er erzählte später, dass er, als er an der Ostfront als Funker tätig war, einmal auf einen russischen Funker traf, beide aber keine Konfrontation wollten und flüchteten. Außerdem sei er wohl durch Theresienstadt gefahren. Während dieser Fahrt war er auf einem Wagen unter einer Plane und es war ihnen strikt verboten, den Kopf unter der Plane hervorzustrecken, denn in Theresienstadt war ein Ghetto und ein Konzentrationslager, welche die Soldaten wahrscheinlich nicht sehen sollten.

Kriegsgefangenschaft meines Großvaters

Laut des Rentenbescheids kam er wohl schon am 1. Dezember 1944 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Obwohl er an der Ostfront kämpfte, ergab er sich lieber den Amerikanern. Laut Herrn Weimanns Vater wurde er zuerst, wie viele andere Kriegsgefangene, mit ihm in Nürnberg-Langwasser untergebracht. Dort versuchten sie einander, so gut es möglich war, zu helfen. In diesen Kasernen waren während der NS-Herrschaft alliierte Kriegsgefangene und Juden interniert gewesen. Die Alliierten nutzen diese Unterkünfte nun, um die Massen von ehemaligen Soldaten und höheren Posten der NSDAP und des Reiches unterzubringen. Im Lager Nürnberg-Langwasser war die Versorgung sehr gut, sogar besser als die der restlichen Bevölkerung, da die USA Vergleiche mit Konzentrationslagern entkräften wollten.

Entlassungsschein aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft

In seinem Entlassungsschein steht außerdem, dass seine Heimatanschrift Trostberg, Traunstein, sei, wobei man sich vermutlich auf das provisorische Kriegsgefangenenlager Trostberg mit ca. 12.000 Kriegsgefangenen bezog, das bis Ende Mai 1945 bestand und in dem die Versorgung sehr schlecht gewesen sein soll. Allerdings war er eigentlich heimatlos, da die Batschka von Russland und Partisanen besetzt worden war.

Mein Großvater wurde am 17. Juni 1946 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft im Durchgangslager Gießen entlassen. Er bekam außerdem ein Stellenangebot, in Amerika als Funker zu arbeiten, das er aber wegen seiner Mutter nicht annahm. Insgesamt beeindruckte ihn die amerikanische Lebensweise.

Kriegsgefangenschaft von Herr Weimanns Vater

Herr Weimanns Vater sollte eigentlich in russische Kriegsgefangenschaft kommen, allerdings konnte er flüchten, da der Fahrer des LKWs, mit dem er ins Lager transportiert werden sollte, am Steuer einschlief und von der Straße abkam. Er kam anschließend zu seiner Familie in Hof (Bayern), wurde aber bald danach vom dortigen Bürgermeister an die Amerikaner gemeldet und kam so in amerikanische Kriegsgefangenschaft in Nürnberg-Langwasser.

¹ Wildmann, Georg, Sonnleitner, Hans & Weber, Karl (1998), Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944 - 1948: Die Stationen eines Völkermords. München, Verlag der Donauschwäbische Kulturstiftung, S. 53.

² Ebd., S. 53.

³ Beer, Josef (1992), Weißbuch der Deutschen aus Jugoslawien (2. Aufl.). München, Universitas S. 402.