Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen

Gründung

Im Jahr 1918 wurde das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, kurz Königreich SHS, gegründet. In der großen Nationalversammlung 1918 in Wodosch, dem heutigen Jaša Tomić, wurde unter anderem dieser Satz beschlossen: “Den nichtserbischen und nichtslawischen Völkern, die in unseren Grenzen verbleiben, wird jegliches Recht gewährleistet, mit dem sie als Minderheit die Erhaltung und Entwicklung ihres Volkswesens zu wahren wünschen”¹

Agrarreform

Am 24. Dezember 1918 wollte der Prinzregent Alexander den Großgrundbesitz auflösen und an arme Bauern verteilen. Schon am 27. Februar 1918 hatte es dafür vorläufige Verordnungen gegeben, die nun gesetzliche Gültigkeit erhielten. 216.644 Familien erhielten insgesamt 329.128 ha Ackerland, das von Nichtserben enteignet wurde. 40.000 ha davon hatten Deutschen gehört. Obgleich 40% der Donauschwaben kein Grundstück besaßen, erhielten sie kein Land, sondern wurden von der sogenannten Agrarreform ausgeschlossen. Laut Pauli war “die Agrarreform […] der erste Akt unserer Vertreibung, wenn auch - im Vergleich zur späteren Wirklichkeit - ein sehr harmloser.”²

Schulpolitik

Vor dem 1. Weltkrieg gehörte die Batschka zu Ungarn. Das deutsche Schulwesen wurde in dieser Zeit aufgelöst und die Schüler mussten Ungarisch lernen. Diese Politik wird auch Madjarisierungspolitik genannt. Die Eltern meines Großvaters mussten also noch Ungarisch lernen und wurden auch auf Ungarisch unterrichtet. In der Batschka wurde dieses Problem folgendermaßen gelöst:

  • Von Deutschen besuchte Schulen wurden in deutsche Schulen umgewandelt und an einigen Deutsch als Unterrichtssprache eingeführt.

  • Vertreter der Deutschen konnten wegen des Lehrermangels mit Behörden über die Berufung von deutschen bzw. österreichischen Lehrern diskutieren.

  • Diese Zugeständnisse wurden mit dem Ziel gemacht, die Deutschen für Jugoslawiens politische Ziele zu gewinnen und den Eifluss der Ungarn auf die Deutschen zu vermindern.

1922 wurden deutsche Schulen in allen Gemeinden der Wojwodina (Gebiet im Norden des Königreichs SHS) verstaatlicht. Hierzu zählten auch die 269 Konfessionsschulen und die 71 weiterführenden Schulen. Nun wurde bereits seit der ersten Klasse die Staatssprache, in der Batschka war das Serbisch, unterrichtet, die ab dem 4. Schuljahr dann auch die Unterrichtssprache war. Vertreter der Deutschen kämpften um Verordungen, welche dann am 1. 09. 1930, am 14. 02. 1931, am 24. 01. 1933 und am 03. 04. 1933 vom Unterrichtsministerium erlassen wurden. Nun wurde die Namensanalyse verboten, welche vorher gängige Praxis gewesen war. Jetzt durfte man sich nicht mehr danach richten, ob der Name serbisch oder deutsch war, sondern nach der in der Familie gesprochenen Sprache, um zu entscheiden, ob ein Kind auf eine deutsche oder serbische Schule geschickt werden sollte. Das kam vor allem deutsch sprechenden Kindern mit serbischen Großeltern zu gute. Außerdem sollte in den ersten vier Klassen Deutsch die Unterrichtssprache sein und ab der 3. Klasse die Staatssprache Serbisch als Unterrichtsfach vier Stunden unterrichtet werden. Geschichte und Geographie, die “nationalen Fächer”, sollten in serbo-kroatischer Sprache erteilt werden, während in der 7. und 8. Klasse der deutsche Unterricht vollkommen wegfallen sollte.

Schwäbisch-Deutscher Kulturbund

1924 wurde der “Schwäbisch-Deutsche Kulturbund” mit dem Leitsatz “Staatstreu und volkstreu” auf Antrag des Unterrichtsministers Svetozar Pribićević aufgelöst. Daraufhin wurde das gesamte Eigentum des Kulturbundes an das Königreich SHS übertragen. Das Wort “Staatstreu” im Leitsatz bezog sich auf das Königreich SHS, um Konfrontationen mit der Regierung aus dem Weg zu gehen. Der Kulturbund setze sich für die deutsche Kultur und die Ausbildung deutscher Lehrer und Geistlicher ein. Am 12. Januar 1927 konnte der Kulturbund allerdings seine Arbeit wieder aufnehmen, da er erneut genehmigt wurde.

Deutschenfeindliche Politiker

Es gab auch deutschenfeindliche Politiker im Königreich SHS. So soll laut Hans Rasimus beispielsweise Nikola Pašić (1847-1926) mehrfach beklagt haben, dass man die Deutschen nicht 1920 nach Österreich vertrieben hatte. Senator Kodur, ein Montenegriner, ließ 1923 bei einer Wahlrede vor slawischen Zuhörern die Bemerkung fallen: “So wie die Schwaben einst mit ihrem Bündel gekommen sind, werden sie eines Tages wieder stromabwärts gejagt werden” (Kodur) - und erhielt dafür stürmischen Applaus. Auch durften die Deutschen und alle anderen nichtslawischen Minderheiten die Verfassung, die am 28. Juni 1920 verkündet wurde, nicht mitgestalten und mitverabschieden. Bis zum Beginn des Jahres 1922 hatten sie keine politischen Mitgestaltungsmöglichkeiten im Königreich SHS.


Königreich Jugoslawien

Machtübernahme des Königs

Im Jahr 1927/1928 kam es sehr häufig zu Regierungswechseln. Außerdem wurden im Juni 1928 drei Vertreter der Bauernpartei, die sich gegen die politische Vormachtstellung der Serben im Königreich SHS eingesetzt hatten, getötet. Während nun die Opposition versuchte, die Macht des Königs zu schwächen, indem sie beispielsweise die Verfassung außer Kraft setzte, sah sich König Alexander I. Karađorđević gezwungen, mit Hilfe des Militärs die Macht zu übernehmen und eine “Königsdiktatur” zu errichten. Er ließ unter anderem alle Parteien verbieten. Die am 3. Oktober 1931 eingeführte Verfassung erwähnte Minderheiten nicht mehr. Außerdem wurde das “Königreich SHS” in das “Königreich Jugoslawien“ umbenannt. In diesem Namen wird auch das Ziel, die verschiedenen Nationen zu einer Einheit zusammenzuführen, klar. 1931 wurden zwar erneut Parteien und Wahlen zugelassen und ein Parlament einberufen, der König behielt jedoch seine dominante Position. Da nur im und für das Gesamtkönigreich agierende Parteien gebildet werden durften, wurden nationalspezifische Interessenvertretungen wie die “Deutsche Partei” verboten. Die Machtübernahme und Politik von König Alexander I. Karađorđević war alles andere als unumstritten und so wurde er am 9. Oktober 1934 Opfer eines Attentats.

Liegenschaftsverkehrseinschränkung

1938 wurde der Liegenschaftsverkehr an “fremde” Staatsbürger in ganz Jugoslawien eingeschränkt, in Slowenien sogar schon 1936, was zur Konsequenz hatte, dass Liegenschaften an nationale Minderheiten nicht mehr übertragen werden durften. Ein Gesetz, das am 7. September 1939 verabschiedet wurde, regelte, dass “Eigentumsübertragung in einem Grenzgürtel von 50 km nur an Slawen möglich”³ sein sollte, was sich auch auf Erbfälle bezog. So sollten alle Immobilien im Laufe der Zeit an Slawen übereignet werden. “Der zuständige Divisionsgeneral von Essegg/Osijek erklärte: “… die Absicht des Gesetzgebers ist nicht allein, den Volksdeutschen jugoslawischer Staatsangehörigkeit jeden Grunderwerb unmöglich zu machen, sondern diese auch von hier (Slawonien) völlig zu verdrängen””⁴.


Nationalsozialsismus unter den Donauschwaben

Im Deutschen Reich oder Österreich studierende Donauschwaben brachten bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat den Nationalsozialismus mit nach Jugoslawien. Darauf spalteten sich die Donauschwaben in “Erneuerer”, die nationalsozialistisch gesinnt waren, mit Dr. Jakob Awender als ihrem Wortführer, und eine Gegenbewegung. Die “Erneuerer” wollten “eine Volksgruppe […] schaffen, die sich als Vorposten des Reiches fühlen sollte und der auch die im fremden Volkstum aufgegangenen Deutschen zurückgewonnen werden müssten”⁵. So hieß es in einer Ansprache auf einem in Jugoslawien stattfindenden “Deutschen Tag”, dass man “als Deutscher auch gleichzeitig Nationalsozialist zu sein”⁶ habe. Herr Hoffmann erinnerte sich, dass die Donauschwaben wegen der Diskriminierung ihnen gegenüber froh über das starke Reich mit einem starken Führer gewesen seien. Frau Roser teilte diese Meinung allerdings nicht.

Mit dem aufkommenden Nationalsozialismus wurden auch in der Batschka die Juden diskriminiert. Frau Roser erzählte dazu eine Geschichte, die von ihrer Großmutter, die einer Jüdin Milch verkaufte, und einem antisemitischen Nachbarn handelt.

Auch in Zeitungsartikeln fand die NS-Ideologie Eingang. So wird Dezember 1937 in der Werbasser Zeitung vorgeschlagen, das christliche Weihnachtsfest mit dem Julfest zu verbinden. Schon im Oktober diesen Jahres war vom “Deutschtum” die Rede.

¹ Arbeitskreis Dokumentation im Bundesverband der Landsmannschaft der Donauschwaben. Arbeitskreis Dokumentation, & Beer, J. (1993). Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien (Band 2): Erlebnisberichte über die Verbrechen an den Deutschen durch das Tito-Regime in der Zeit von 1944-1948. München, Deutschland: Donauschwäbische Kulturstiftung - Stiftung des privaten Rechts, S.17

² Pauli, Berichte aus der Geschichte des Südostens … Selbstverlag

³ Arbeitskreis Dokumentation im Bundesverband der Landsmannschaft der Donauschwaben. Arbeitskreis Dokumentation, & Beer, J. (1993). Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien (Band 2): Erlebnisberichte über die Verbrechen an den Deutschen durch das Tito-Regime in der Zeit von 1944-1948. München, Deutschland: Donauschwäbische Kulturstiftung - Stiftung des privaten Rechts, S.24

⁴ Arbeitskreis Dokumentation im Bundesverband der Landsmannschaft der Donauschwaben. Arbeitskreis Dokumentation, & Beer, J. (1993). Leidensweg der Deutschen im kommunistischen Jugoslawien (Band 2): Erlebnisberichte über die Verbrechen an den Deutschen durch das Tito-Regime in der Zeit von 1944-1948. München, Deutschland: Donauschwäbische Kulturstiftung - Stiftung des privaten Rechts, S.24

⁵ Windsheimer, B. (1995). Nürnberg Lagwasser - Geschichte eines Stadtteils (2. Aufl.). Nürnberg, Deutschland: Sandberg Verlag, S.39

⁶ Nation und Staat, Bd. 12, S. 722, Janko, Reden, S. 119